Klima-Killer Palmöl
Brandrodung im Urwald von Indonesien für Palmölplantagen. Auch in Malaysia musste Urwald weichen. Satellitenaufnahmen von Sarawak von 1990 zeigen: noch grüner Regenwald. Elf Jahre später: gerodete Flächen. Genau dort wo der Satellit mit rot gekennzeichnete Waldbrände erfasst hat. Dann, gut erkennbar: an der selben Stelle eine Palmölplantage. Analysen von Professor Florian Siegert. Wegen der vielen Brandrodungen vor allem in Indonesien, deren Rauchwolken wie hier schon mal bis über Afrika hinaus reichten, fällt sein Urteil über Palmöl vernichtend aus.
Prof. Florian Siegert, Uni München: ?Wir konnten nachweisen, dass durch das Anlegen dieser Plantagen und das Abbrennen der Regenwälder und Torfgebiete ein viel tausendfaches an CO2 freigesetzt wird als das, was wir hier dann in der Folge durch Palmölverbrauch einsparen können. Und damit ist die Klimabilanz desaströs.?
Während in Südostasien Urwaldfläche für Palmölplantagen zerstört wird, sind in Deutschland nach Recherchen von report München nahezu alle Betreiber größerer Pflanzenöl-Blockheizkraftwerke mittlerweile vom heimischen Rapsöl auf billigeres Palmöl als Brennstoff umgestiegen. Die klimafreundlichen Blockheizkraftwerke werden so zum Klimafeind.
Axel Friedrich, Umweltbundesamt: ?Blockheizkraftwerke als solches sind ja umweltfreundlicher als normale Kraftwerke, weil ich gleichzeitig natürlich die Wärme mit nutze und Strom generiere. Aber wenn ich an der Stelle Palmöl einsetzte, dann vernichte ich einen großen Teil dieses Vorteils, weil ich an der Stelle Urwald vernichte.?
report München liegt eine noch unveröffentlichte Studie des Leipziger Instituts für Energetik und Umwelt vor. Demnach erzeugen deutsche Blockheizkraftwerke allein in diesem Jahr mindestens 1,3 Milliarden Kilowattstunden Strom aus Palmöl. Das entspricht beispielsweise der gesamten Stromerzeugung aus Solarenergie des Jahres 2005. Die deutschen Palmölkraftwerksbetreiber werden auch noch subventioniert. Rund 200 Millionen Euro bekommen sie dafür dieses Jahr aus der Umlage des Erneuerbaren Energiengesetzes EEG. 200 Millionen Euro, die auf die Stromrechnung der Verbraucher umgelegt werden.
Paradoxes Gesetz: Genau wie heimischer Raps gelten demnach Ölpalmen als nachwachsende Pflanzen aus landwirtschaftlichen Betrieben ? auch dann, wenn diese Betriebe in Südostasien sind. Wir konfrontieren Bundesumweltminister Gabriel mit unseren Recherchen. Er sieht durch die Palmölproblematik sogar die Wende zu mehr Erneuerbarer Energie in Gefahr.
Sigmar Gabriel, Bundesumweltminister: ?Das ist schon, finde ich, besorgniserregend, weil, wie gesagt: Jeder der EEG-Strom benutzt, denkt er tut was gutes und wenn er das zum Teil durch die Zerstörung des Regenwaldes gemacht hat, dann sind wir kurz davor sozusagen den Sinn dieses Erneuerbaren-Gesetzes oder Stromgesetzes zu diskreditieren in der Öffentlichkeit.?
Auch die Stadtwerke Schwäbisch Hall betreiben ein Fünf-Mega-Watt-Blockheizkraftwerk mit 7500 Tonnen Palmöl pro Jahr. Der Geschäftsführer rechtfertigt dies damit, dass Rapsöl mittlerweile zu teuer sei. Außerdem beziehe er sein Palmöl nur von Altplantagen in Malaysia. Und sein Lieferant sei Mitglied beim so genannten ?Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl?. Doch das ist bisher nur eine gut gemeinte Arbeitsgemeinschaft ? aber ohne echte Kontrolle. Wir fragen den Stadtwerke-Chef, ob er die Nachhaltigkeit seines Palmöls im Detail überhaupt nachprüfen kann?
Johannes van Bergen, Stadtwerke Schwäbisch Hall: ?Nun nutze ich ein deutsches Gesetz, muss ich als kleine Stadtwerke jetzt internationale Recherche betreiben, um auszuschließen, dass irgendwo ein Regenwald abgeholzt wird? Ich möchte das mal zurückgeben: Warum hat denn die Bundesregierung bei der Verabschiedung dieses Gesetzes nicht dafür Sorge getragen, dass eine entsprechende Zertifizierung dieser Öle im Gesetz rein geschrieben wird??
Obwohl es diese Zertifizierung für Palmöl aus nachhaltiger Herstellung noch nicht gibt, wird sie gerne schon jetzt als Rechtfertigung verwendet. Dieser große Blockheizkraftwerkbetreiber in Sachsen-Anhalt bezieht nach unseren Recherchen Palmöl vom Weltmarkt. Auf report-Anfrage verweist der Betreiber Urpower schriftlich auf seine Mitgliedschaft beim Runden Tisch für Nachhaltiges Palmöl und behauptet: Man verwende nur Pflanzenöl, das von der Naturschutzorganisation WWF ?verifiziert? wurde. Doch unsere Nachfrage beim WWF ergibt: Palmöl nach den Kriterien des runden Tisches für Palmöl ist ?noch nicht auf dem Markt.?
Axel Friedrich, Umweltbundesamt: ?Es gibt kein System für Zertifizierung von Palmöl. Wer eine solche Behauptung aufstellt, sagt bewusst oder unbewusst die Unwahrheit. Es gibt kein System für die Zertifizierung von Palmöl. Es gibt Ansätze solche Dinge aufzustellen, aber existieren tut keiner. Wenn hier jemand behauptet, er hat hier Palmöl nur von einer bestehenden alten Plantagen gekauft, nimmt er aus dem System natürlich Palmöl heraus und erhöht den Druck, neue Palmölplantagen anzulegen zu Lasten des Urwaldes.?
Ein Zertifizierungssystem für nachweislich nachhaltige Palmölplantagen, die etwa auf bereits brachliegenden Flächen errichtet werden könnten, wäre ein Ausweg. Doch wann kommt die überfällige Zertifizierung?
Siegmar Gabriel, Bundesumweltminister: ?Wir wollen bis Mitte des Jahres Vorschläge dafür erarbeitet haben. Das geht nicht von heute auf morgen. Das ist gerne der Wunsch dass man einen Schalter umlegt, aber ich sage Ihnen, Sie reden mit Ländern, die da einen völlig anderen Zugang dazu haben, als wir. Keine schöne Auskunft, aber wenigstens eine ehrliche.?